Erzengel Michael - Der Kampf für Gott und die Kirche

■ Wir feiern jedes Jahr zweimal ein Fest zu Ehren des hl. Erzengels Michael: am 8. Mai das seiner Erscheinung (um das Jahr 495 auf dem Berg Gargano in Süditalien) und am 29. September das der Einweihung der Kirche zu seiner Ehre an der Via Salaria in Rom. Somit geht es da letztendlich um ihn und seine Aufgabe im Heilsplan Gottes.
Die Kirche weist deutlich darauf hin, dass die biblischen Namen nicht einfach so zufällig den Menschen und v.a. auch den Engeln gegeben worden sind, sondern dass sie funktionale Bedeutungen haben. Sie heißen so, weil sie eine bestimmte ihnen von Gott zugewiesene Aufgabe erfüllen. Gott sendet die Engel, damit sie uns grundsätzlich helfen, auf dem rechten Weg zu bleiben.
Und so ist die Bedeutung des Namens „Michael“ eine ganz besondere. Michael heißt: „Wer ist wie Gott?“ Michael ist eben der Engel, der uns durch seine konkrete Tätigkeit vor Augen führen soll und will, wer Gott ist und wer wir dann auf diesem Hintergrund sind. Er weist letztendlich auf die absolute sittliche Autorität und geistige Oberhoheit Gottes hin! Es ist eben nicht zufällig, dass Michael immer mit dem Schwert dargestellt wird – er ist nämlich der Kämpfer für die Ehre und Rechte Gottes.
In der Geheimen Offenbarung des hl. Apostels Johannes wird der apokalyptische Kampf beschrieben, den Michael gegen den Teufel führt. Michael stürzt den „Satan“ und erringt so den Sieg für das Reich Gottes und damit in gewisser Weise auch für uns, die Jünger Jesu Christi: „Da erhob sich ein großer Kampf im Himmel. Michael und seine Engel kämpften mit dem Drachen, und der Drache und seine Engel kämpften. Aber sie vermochten nicht standzuhalten, und ihr Platz im Himmel ging verloren. So wurde der große Drache gestürzt: die alte Schlange, die Teufel und Satan heißt und die die ganze Welt verführt.“ (Offb 12,7-9.)
Wenn wir von diesem Kampf hören, so dürfen wir nicht überrascht sein. Es ist in der heutigen Zeit eine weitverbreitete Meinung, dass das katholische Glaubensbekenntnis und die Kirche eine harmlos-niedliche Existenz fristen sollen. Auch ein Katholik solle seinen Glauben im stillen Kämmerlein pflegen – er dürfe auf seiner rein privaten Ebene ruhig glauben, dass der Glaube ihm das Leben leichter mache. Im öffentlichen Leben der Gemeinschaft, des Staates und des Volkes habe der Glaube aber grundsätzlich nichts zu suchen.
Aber gerade Michael erinnert uns daran, dass wir in eine apokalyptische Schlacht hineingestellt worden sind. Da sind Gott und Sein Widersacher, die um unsere Seelen kämpfen. Der Eine will die Wunden unserer Seele heilen und uns retten, der andere will nur subversiv wühlen und uns weg von Gott ins Verderben führen. Und nicht umsonst spricht Jesus im Evangelium des betreffenden Festes vom 29. September von den Ärgernissen, die leider auch wir anderen geben können. Aber es ist praktisch immer auch der Teufel, der uns durch seine List irritieren und verführen und somit ins wahre geistige Elend stürzen möchte.
■ Aber der Erzengel Michael kämpft weiter für uns. Doch wir müssen sehen, dass die erste Schlacht erst einmal geistig verläuft. Es ist unser Kampf gegen die Schwächen der menschlichen Natur, unser intensives Aufbegehren gegen die Versuchungen. In diesem Kampf ist jeder von uns auf die Gnade Gottes angewiesen. Deswegen sollen wir beten, suchen und kämpfen, denn von selbst fällt uns nichts in den Schoß. Die Heiligen haben sich gerade dadurch ausgezeichnet, dass sie es mit der Erfüllung des Willens Gottes ernst genommen haben.
Aber es gibt auch noch eine andere Dimension dieses Kampfes für das Reich Gottes. Der Mensch soll ja auch in seinem äußeren Leben alles in den Dienst Gottes stellen. Zuerst einmal natürlich seine eigene natürlich-körperliche Sphäre, aber dann auch seinen gesellschaftlich-politischen Bereich, welcher ebenfalls eingebunden werden soll in den Dienst Gottes.
Wenn man sich also ganz speziell diese Ebene anschaut, so ist es ganz interessant, dass die Kirche z.B. auch niemals die eine oder andere Regierungsform als die einzig richtige und mögliche dargestellt hat. Die Kirche musste sich in verschiedenen politischen Systemen zurechtfinden, denn hauptsächlich geht es ja um den Glauben und die Rettung der Seelen. Weil aber die Form und die betreffenden Funktionen des Staates ebenfalls Einfluss auf die Sittlichkeit der Menschen haben, muss sich die Kirche im richtigen Maß und Umfang auch solchen Fragen zuwenden.
Es hat sich historisch eben ergeben, dass die Kirche in die monarchische Struktur quasi hineingestoßen worden ist. Sie musste sich praktisch von Beginn an mit dem heidnischen Römischen Reich auseinander setzen. Und da hat man eben gesehen, dass der Widerstand der heidnischen Grundhaltung des Kaisers eine blutige Verfolgung der Kirche zur Folge hatte. Aber die Kirche kennt eben auch das demokratische System der äußeren Verwaltung. Das Konklave zur Papstwahl verläuft ja nach einem urdemokratischen Prinzip.
Aber trotzdem sehen wir, dass die Kirche an sich monarchisch strukturiert ist. Es gibt eben die Obrigkeit und jeder Teilhaber an der kirchlichen Autorität übt seine eigene ihm von Gott gegebenen und von der jeweiligen Obrigkeit verliehenen Vollmachten bzw. die entsprechende Verantwortung aus.
Aber auch in konkreter politischer Hinsicht sehen wir, dass die Kirche eigentlich immer einen großen Verdacht gegen die demokratischen Strukturen hatte, weil die Kirche gesehen hat, dass man im demokratischen System von der Tendenz her viel mehr von parteilichen Interessen beeinflusst werden kann, was dann auch verstärkt zur Gleichgültigkeit in Glaubensfragen führt. Zwar hat die Kirche an die 300 Jahre der Verfolgung durch einen Kaiser erlebt, dann aber die weiteren 1600 Jahre nicht wenig profitiert von einer christlich-monarchischen Regierungsform der Staaten.
Bei einem schlechten Monarchen kann auch alles schlecht laufen. Aber historisch sieht man eben, welche Rolle das Heilige Römische Reich Deutscher Nation gespielt hat. Seitdem das Christentum unter Konstantin zur Staatsreligion wurde, wurden Kaiser und Könige zu äußeren Schutzherren der Kirche – trotz nicht weniger Übergriffe ihrerseits. Und so hat es sich eben doch bei all den negativen Erscheinungen und all den Missbräuchen, durch welche die Kaiser und Könige aufgefallen sind, gezeigt, dass die christlichen Monarchen ihre sakrale Aufgabe, den heiligen Glauben und die wahre Kirche nach außen hin zu schützen, doch auch ernst genommen haben!
Man denke da z.B. nur an die sämtlichen Verteidigungsaktivitäten und -kriege, bei welchen die christlichen Monarchen und Adeligen vorangegangen sind, um an die Invasion des maurischen und osmanischen Islam abzuwehren und somit das christliche Abendland zu verteidigen! Man hat damals nämlich trotz mancher Verirrungen noch gewusst, Gott die Ihm gebührende Ehre zu geben und den eigenen katholischen Glauben wertzuschätzen.
■ Schauen wir uns nun aber die entsprechende heutige Realität an. Nach Übernahme der Kontrolle über die Medien ist es viel leichter geworden, die großen Volksmassen propagandistisch entsprechend zu „bearbeiten“, um zunächst die neuen und oft im klaren Widerspruch zum wahren Christentum stehenden „Werte“ anzupreisen und so das Volk durch die eigentlich brutale Ausnutzung seiner sittlichen Schwächen und somit falschen Neigungen in die Irre zu führen.
Bei einem demokratischen System fällt es dann auch viel leichter, mit der Zeit und der fortschreitenden Zersetzung der geistigen Struktur der Massen durch die propagierte Sünde die entsprechenden Mehrheiten herbeizuführen und so die eigenen Parteigänger in die Ämter und Posten der Präsidenten, Premierminister, Kanzler, Ministerpräsidenten usw. zu bringen. Somit verführt Demokratie durch die ihr innewohnende Parteilichkeit tendenziell eher zum Hinnehmen oder Fördern von Unsittlichkeit, um allein schon die Macht zu erlangen und zu erhalten oder dem Gegner zu schaden. Ein Monarch in einer bis dahin christlichen Gesellschaft muss dagegen zum Zweck der Festigung seiner Herrschaft auch mehr an der sittlichen Ordnung und Einheit im Volk ein Interesse haben, was somit vielleicht eher zum Erhalt eines nicht sehr kleinen gesunden Kerns der Gläubigen führen könnte. Dann würde auch die Stimme der Vernunft in Volk und Gesellschaft hörbarer bleiben!
Wobei natürlich auch keine Monarchie auf die lange Sicht wirklich helfen kann, wenn bei vielen der gesunde Glaube bereits verlorengegangen ist und falsche Götzen angebetet würden. Somit haben die Feinde Jesu Christi und Seiner Kirche in den letzten Jahrhunderten wirklich einen „guten Job“ erledigt, Gott sei es geklagt, das wird man anerkennen müssen.
Aber gerade deshalb war die katholische Kirche auch von Anfang an sehr skeptisch bis ausgesprochen kritisch dem demokratischen System gegenüber eingestellt gewesen. Weil man den Menschen und seine Schwächen wie Listen kannte, hat man sowohl die betreffenden großen Gefahren als auch das aufkommende Übel voraussehen können.
Beim Blick auf die neuere Geschichte erkennt man, dass wohl gerade deswegen überall dort, wo die Kaiser und Könige ausdrücklich christlich eingestellt waren, mit der betreffenden Wühlarbeit begonnen und hartnäckig das Werk der Zerstörung und Abschaffung der betreffenden Monarchien zu seinem schicksalshaften Ende geführt hatte. Zuerst erlitt dieses traurige Schicksal das Heilige Römische Reich Deutscher Nation (1806), welches ja seit dem 10. Jahrhundert in der Nachfolge des antiken Römischen Reiches stand und die eigene Herrschaft im Sinn der Verteidigung der katholischen Kirche und der christlichen Glaubenswerte verstand.
Das Heilige Römische Reich erlosch am 6. August 1806 mit der Niederlegung der Reichskrone durch Kaiser Franz II. Ohne die vielen Einzelfragen der politischen Entwicklung damals zu erörtern, ist es doch vielsagend, dass es in dieser Zeitepoche im Prozess der „Säkularisation“ auch vielerorts zur Entziehung kirchlicher Güter und zur Abwendung der Staatsmacht von eindeutig christlichen Werten kam. All das war zweifelsohne auch durch die eindeutig freimaurerisch inspirierte Französische Revolution von 1789 bedingt!
Das russische Zarenreich, welches zwar ebenfalls viele Fehlentwicklungen und Missstände aufzuweisen hatte und von der katholischen Kirche getrennt war, verstand sich dennoch als eine zutiefst christliche Gesellschaft. Das war offenbar auch manchen Kreisen ein Dorn im Auge, so dass man die Monarchie zu beseitigen suchte. Wobei danach Banditen, Kommunisten und Bolschewiken an die Macht kamen. Und womit haben diese dann sofort angefangen? Mit dem radikalen Kampf gegen das Christentum und die Kirche, welcher zur Vernichtung und dem Leid von Millionen von Menschen geführt hatte.
Man sieht es, dass überall dort, wo eine christlich-monarchische Struktur des Staates bestand, damit begonnen wurde, diese zu beseitigen. Warum? Die Kirche wurde zu Beginn direkt angegriffen und verfolgt und ist dadurch aber nur stärker geworden. Später wurde dann die Kirche durch die christlichen Kaiser und Könige geschützt und unterstützt. Somit musste man zuerst diesen äußeren Schutz beseitigen, damit man dann ein entsprechend leichteres Spiel mit dieser großen Organisation, die sich Kirche nennt, bekäme.
Dagegen sieht man es nicht als unbedingt notwendig an, z.B. die Monarchien in England, Schweden, Holland und Spanien zu beseitigen, weil diese sich im Prinzip komplett an den freimaurerisch-liberalistischen Zeitgeist angepasst haben und somit keine Gefahr (mehr) für die Feinde Christi darstellen. Deshalb lässt man sie eben in Ruhe, denn sie „stören“ ja nicht nur nicht mehr, sondern machen bei allem schön brav mit!
Überall dort aber, wo die Monarchie der betreffenden geistigen Destabilisierung im Weg stand, wurde sie bekämpft und beseitigt, damit der Kampf des Widersachers Gottes, gegen den der Erzengel Michael seine Schlacht geführt und den er an sich ja besiegt hatte, unter Menschen immer wieder von neuem aufflamme, um Menschen von Jesus Christus, dem Göttlichen Erlöser abzubringen. Das spielt sich in der neueren Geschichte auch im globalen gesellschaftlich-politischen Maßstab ab!
Das Allertragischste dabei ist, dass heute die katholische Kirche sehr geschwächt wurde durch den Abfall vieler, welche eine Art modernistischer „Konzilssekte“ gebildet haben, die weitestgehend den gesamten liberalistischen Geist angenommen hat und somit ihre Schäflein aktiv ins Verderben führt. Die im Oktober 2019 in Rom stattgefundene „Amazonas-Synode“ bestätigte dies ja nur einmal mehr.
Da wird alles an genuin katholischen Glaubensinhalten und sittlichen Werten relativiert und verwässert, bis nichts mehr übrigbleibt, was noch gelten würde. Der Kampf gegen den wahren Glauben und die katholische Kirche war umso leichter und effektiver, je mehr man zuvor die äußere Schutzfunktion des christlichen Staates bzw. speziell der eindeutig katholischen Monarchien beseitigt hatte.
■ Umso dringender wird es für uns heute, uns die zentralen und das geistige Überleben ermöglichenden Fragen zu stellen bzw. die richtigen Antworten darauf im Geist des überlieferten Katholizismus zu finden: Wer ist Gott? Wer sind wir? Worin besteht der göttliche Heilswille bzw. das Heilswirken Jesu? – „Wer ist wie Gott“?
Dabei kann es hilfreich sein, von den katholischen Christen der ersten Jahrhunderte zu lernen. Hatten sie damals einen äußeren Schutz durch eine staatliche Struktur erfahren? Überhaupt nicht. Das heidnische Römische Reich hat sie sogar brutal verfolgt. Hatten sie irgendwelche Unterstützung seitens der Gesellschaft erlebt? Nein. Die damalige öffentliche Meinung hat sie hasserfüllt als Kindesmörder und Kannibalen verleumdet.
Wie haben sie aber in ihrer extremen Situation dennoch überlebt? Sie haben sich um die rechtgläubigen Bischöfe und Priester, letztlich um Jesus Christus selbst, geschart, sie haben größten Wert auf die Teilnahme am Messopfer und auf den Empfang der hl. Sakramente gelegt. Zudem haben sie den hl. Glauben in tiefster Ehrfurcht vor Gott verinnerlicht und sind keinen Deut von der überlieferten Lehre der Kirche abgewichen. Bei alledem keine falschen Kompromisse mit der Irrlehre und dem Zeitgeist!
Denn wenn wir in Abkehr von der katholischen Glaubens- und Prinzipientreue anfangen sollten, das Wirken Jesu und die Bedeutung des Kreuzes für die Erlösung der Menschheit zu relativieren, dann sind wir erledigt, dann können wir nicht mehr auf die Unterstützung der Gnade Gottes hoffen! Wenn wir darüber hinaus die christlichen moralischen Werte in Frage stellen und uns niederen Leidenschaften hingeben sollten, dann werden wir zum leichten Spiel für den Teufel!
Denn sein Ziel ist es, uns nachhaltig von Christus abzulenken und somit geistig zu verunsichern, uns den wahren Glauben und die guten Sitten zu nehmen, damit wir dann ohne geistige Wurzeln bleiben und zu willenlosen Wesen mutieren, die keine Werte und keine höheren Ziele mehr kennen und somit zu primitiven Konsumenten irdischer Güter und sündhafter Lust degradieren und sprichwörtliches Fallobst für den Teufel werden!
Der hl. Erzengel Michael erinnert uns aber daran: „Wer ist wie Gott?“ Das heißt, du sollst Gott allein fürchten und nur vor Ihm dein Knie beugen! Oder wie Jesus selbst es bei Seiner dritten Versuchung durch den Teufel formuliert hat: „Hinweg, Satan! Es steht geschrieben: Den Herrn, deinen Gott, sollst du anbeten und Ihm allein dienen.“ (Mt 4,10f.)
Der hl. Apostel Petrus warnt eindringlich: „Seid nüchtern und wachsam! Euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlingen könne. Widersteht ihm fest im Glauben!“ (1 Petr 5,8f.) Und er fügt dann auch noch tröstend hinzu: „Der Gott aller Gnade, der euch durch Christus Jesus zu Seiner ewigen Herrlichkeit berufen hat, wird euch, die ihr kurze Zeit zu leiden habt, ausrüsten, stärken, kräftigen und befestigen. Sein ist die Herrlichkeit und die Macht in alle Ewigkeit. Amen.“ (1 Petr 5,10f.)
Dies bezeugt speziell auch Michael, der den Sieg über den Teufel errungen hat! Möge er auch uns, die wir uns ebenfalls vertrauensvoll im Gebet an ihn wenden, die Standhaftigkeit im Guten vermitteln, damit auch wir unsere sämtlichen geistigen Schlachten zur Mehrung der Ehre Gottes siegreich abschließen können!

P. Eugen Rissling

 

Zurück Hoch Startseite